Wenn die Kripo zweimal klingelt!

8. Dezember, 2014 von · Kommentare deaktiviert für Wenn die Kripo zweimal klingelt! 

Telefon: „Palim Palim“

Domaininhaber: „Hallo?“

Anrufer: „Hier ist Kriminaloberkommissar Schimanski (Name geändert) von der Kripo [Großstadt aus NRW]. Ihnen gehört doch die Domain „anwaelte.info“?“

Domaininhaber: „Was kann ich denn für Sie tun?“

Kripo: „Gehört Ihnen nun die Domain „anwaelte.info“ oder nicht?“

Domaininhaber: „Um was geht es denn genau?“

Kripo: „Uns liegen mehrere Anzeigen vor, dass von der Domain „anwaelte.info“ Emails versandt worden sind, die im Verdacht stehen, den Tatbestand des Betruges zu erfüllen. Es wurden mehrere Emails mit Abmahnungen versandt, in denen unter Vorspiegelung diverser Verstöße wie Filesharing behauptet wird, man sei verpflichtet Geld zu bezahlen. Der Name der Kanzleien ist aber ausgedacht und die Abmahnungen sind alle falsch.“

Domaininhaber: „Ja, und was hat das mit mir zu tun?“

Kripo: „Na Sie sind doch der Inhaber der Domain „anwaelte.info“?! Von Ihrer Domain wurden die Emails doch verschickt, oder nicht?!“

Domaininhaber: „Ich kann im Moment dazu gar nichts sagen. Aber wenn Sie wollen, dann schicken Sie mir doch bitte Ihre Anfrage per Post, damit ich die Sache prüfen kann.“

Kripo: „Aber am Telefon geht das doch viel schneller, mit der Post dauert das wieder ewig! Warum wollen Sie das denn?“

Domaininhaber: „Zufälligerweise bin ich Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht und obwohl Sie einen vertrauenswürdigen Eindruck machen, weiß ich eigentlich gar nicht, wer Sie sind. Da ich berufsbedingt solche Sachen gerne schriftlich festhalte, damit es später keine Missverständnisse gibt, muss ich leider darauf bestehen, dass Sie mir die Fragen schriftlich übersenden.“

Kripo: „Na gut, das kann aber dauern, wir haben hier sehr viel Arbeit!“

Domaininhaber: „Kein Problem! Auf Wiederhören!“

Kripo: „Auf Wiederhören!“ [legt auf]

Der findige Leser hat jetzt natürlich herausgefunden, dass ich der Domaininhaber war (und auch noch bin). Ich habe nach dem Anruf natürlich sofort die Domain sowohl im externen Whois, als auch im Backend meines Domainanbieters überprüft. Alles normal, kein Hijacking. Die Domain war zu dem Zeitpunkt zudem geparkt, ein MX-Eintrag im DNS existierte nicht. Ich war zunächst ratlos und hatte mich schon fast damit abgefunden, dass die Domain ggf. gespooft worden war.

Telefon: „Palim Palim“

Ich: „Hallo?“

Kripo: „Hier ist nochmal Kommisar Schimanski von der Kripo.“

Ich: „Ja?“

Kripo: „Ich habe jetzt nochmal in die Akte geschaut.“

Ich: „Ja, und?“

Kripo: „Sie bekommen keine Post von uns, da der Domainname nicht „anwaelte.info“ sondern „irgendwas-anwaelte.info“ lautet.“

Ich: „Aha, die Sache ist also erledigt?“

Kripo: „Für Sie ja. Schönen Tag noch!“

Ich: „Danke, wünsche ich Ihnen auch!“ [legt auf]

Ich vermute, dass der eifrige Polizeibeamte, nachdem er sich mit mehr Arbeit (Übersendung der schriftlichen Fragen per Post) konfrontiert sah, die Akte genauer studiert hat. Dabei ist ihm wohl aufgefallen, dass er sich bei dem Domainnamen verlesen hat. Wenn ich nun seine Fragen einfach so am Telefon beantwortet hätte, dann wäre jetzt ein Aktenvermerk in der Welt, der mich mit dem Delikt in Verbindung bringt. Ggf. wäre gegen mich ermittelt worden, schlimmstenfalls hätte es eine Hausdurchsuchung gegeben, ggf. inkl. der Beschlagnahme meiner Computer.

Nun kommt es immer wieder mal vor, dass mich ein Mandant anruft, der sich in einer ähnlichen Situation befindet. Entweder hat die Polizei angerufen oder man ist als „Zeuge“ bei der Polizei vorgeladen worden. Der Mandant fühlt sich sicher, da er ja nichts getan hat („mein Projekt / meine Domain ist sauber“) und will den Termin wahrnehmen oder die Polizei zurückrufen. Ich rate immer davon ab, dies zu tun und erzähle dann genau diese Geschichte. Obwohl man selbst nichts getan hat, kann es schnell vorkommen, dass man einem Missverständnis zum Opfer fällt. Ich rate in solchen Fällen immer dazu, den Termin bei der Polizei nicht wahrzunehmen und keinen Rückruf zu tätigen. Der erste Schritt ist immer die Akteneinsicht, um überhaupt rauszufinden, worum es eigentlich geht. Sollte man es im Anschluss für sachdienlich halten tatsächlich Auskunft zu erteilen, so sollte dies immer schriftlich durch einen Anwalt geschehen, da man als Laie schnell ungünstige Formulierungen wählt. Für die Akteneinsicht ist man zudem zwingend auf einen Anwalt angewiesen, da man als Zivilperson eine Akteneinsicht auch nicht in eigenen Angelegenheiten bekommt.

Dass man als Unschuldiger in die Mühlen der Justiz gerät liegt nicht außerhalb der Lebenserfahrung. Um das zu vermeiden sollte man einen spezialisierten Anwalt aufsuchen, insbesondere wenn man nichts mit dem Vorwurf zu tun hat.

Fälle aus der Praxis eines Fachanwalts für IT-Recht

27. November, 2014 von · Kommentare deaktiviert für Fälle aus der Praxis eines Fachanwalts für IT-Recht 

Eines kann man mit Sicherheit feststellten, wenn man als Rechtsanwalt und Fachanwalt für IT-Recht im Bereich des Internetrechts und Domainrechts tätig ist: Es wird nicht langweilig. Ob eine Abmahnung aus dem Domainrecht, Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht, ob Abmahnungen wegen Bildermissbrauchs, Preisangabenverordnung oder eines unzutreffenden Impressums eines Online-Shops oder ob es sich um eine Klage bei Gericht handelt, immer, wenn man denkt, der aktuelle Fall wäre wohl schwerlich zu toppen, so wird man umgehend eines Besseren belehrt.

Der Kampf ums weiße Gold

Die Auseinandersetzungen, in denen vermeintliche Rechteinhaber versuchen, Domaininhabern eine oder mehrere Domains streitig zu machen, bilden erfahrungsgemäß den größten Teil der domainrechtlichen Tätigkeit. Dabei sind die Grenzen bei weitem nicht starr gefasst und die rechtliche Beurteilung, ob tatsächlich ein relevanter kennzeichenrechtlicher Verstoß vorliegt, sollte stets im entsprechenden Einzelfall eingehend geprüft werden.

Das rechtliche Geplänkel beginnt auch nicht immer mit einer Abmahnung. Im Streit um die Rechte an der beschreibenden Bezeichnung „Weisses Gold“, verschickte ein großer ostdeutscher Porzellanhersteller zunächst eine sog. Berechtigungsanfrage an die Inhaber der jeweiligen beschreibenden Domains. Im Gegensatz zu einer Abmahnung ist eine Berechtigungsanfrage eine Aufforderung an den potentiellen Gegner, seinerseits seine Rechte an der Verwendung der gegenständlichen Domain darzulegen. Diese Anfrage löst keine Kostenerstattungsansprüche aus – auch dann nicht, wenn sich später herausstellen sollte, dass tatsächlich eine Schutzrechtsverletzung vorliegt. Regelmäßig ist eine Berechtigungsanfrage jedoch einer Abmahnung vorgeschaltet. Warum mahnt also der Rechteinhaber nicht sofort ab? Eine unberechtigte Abmahnung kann ihrerseits Ansprüche des unberechtigt Abgemahnten gegen den vermeintlichen Rechteinhaber, wie beispielsweise Schadensersatzansprüche oder eine negative Feststellungsklage, auslösen. Auch bietet eine Berechtigungsanfrage die Möglichkeit, weitere Informationen von der Gegenseite abzufragen.

Im vorliegenden Fall beantwortete der Mandant die Berechtigungsanfrage bereits vor der Mandatierung selbst und wurde umgehend mit einer einstweiligen Verfügung konfrontiert. Es ist daher empfehlenswert, eine derartige Anfrage niemals ohne anwaltlichen Rat selbst zu beantworten. Dabei stellte sich heraus, dass die Porzellan-Manufaktur nach einem erfolglosen Versuch, die Marke „Weisses Gold“ beim DPMA einzutragen, eine Eintragung beim HABM u.a. für Porzellanwaren erreichen konnte. Dieses Vorgehen, eine ältere Domain mit einer jüngeren Gemeinschaftsmarke anzugreifen, kommt in der anwaltlichen Praxis durchaus häufiger vor – sogar oder insbesondere mit beschreibenden Begriffen. Hier legten wir zunächst Rechtsmittel gegen die erlassene Beschlussverfügung ein, veranlassten die Erhebung der Hauptsacheklage und beantragten die Löschung der Gemeinschaftsmarke „Weisses Gold“ beim HABM in Alicante. Das domainrechtliche Verfahren konnte in allen Instanzen bis hin zum BGH (Ablehnung der Nichtzulassungsbeschwerde der Gegenseite) gewonnen werden.

Das Vorgehen der Manufaktur basierte schlicht auf der Erwartung, dass viele Domaininhaber ein langwieriges und kostspieliges Verfahren scheuen und lieber ihre Domain aufgeben, bevor sie sich schlimmstenfalls einem über mehrere Instanzen summierten Kostenrisiko aussetzen, welches durchaus existenzbedrohend sein kann. So macht die Manufaktur in einem weiteren (noch außergerichtlichen) Verfahren sogar einen Übertragungsanspruch gegen den Domaininhaber geltend – dies in grober Missachtung der gefestigten Rechtsprechung des BGH, welche allenfalls ausnahmsweise (!) einen Freigabeanspruch (also keinen Übertragungsanspruch) als möglich ansieht. So ist es der Porzellan-Manufaktur mittlerweile gelungen, zahlreiche Domains augenscheinlich kampflos übertragen oder gelöscht zu bekommen. Bis dato haben mehrere Domaininhaber ihre Domains aufgegeben oder der Manufaktur übertragen, ob aus Unwissenheit oder aus Angst über die drohenden Kosten entzieht sich unserer Kenntnis. Als Domaininhaber sollte man daher in jedem Fall zunächst einen spezialisierten Anwalt idealerweise einen Fachanwalt für IT-Recht aufsuchen, um alle Facetten der Sach- und Rechtslage erschöpfend prüfen zu lassen, bevor man den Schritt in die Domainaufgabe geht.

Vorsicht vor dem Kinderzimmerprovider

In einem anderen Fall gab eine Mandantin bei einem Studenten, der augenscheinlich aus dem elterlichen Kinderzimmer operierte, eine Webseite samt Domain (tätigkeit-nachname.de) für ihren geschäftlichen Internetauftritt in Auftrag. Der „Provider“ orderte die Domain bei 1und1 in eigenem Namen und benutzte den dortigen „Homepagebaukasten“, um die Webseite „zu designen“ und „zu programmieren“. Nachdem die Mandantin darauf aufmerksam wurde, dass der Gegner ihre Emails mitliest („Ich habe gerade folgende Email an Dich gelesen, …“), kündigte Sie den Vertrag und verlangte den Auth-Code für ihre Domain.

Der Student war hingegen der Ansicht, es handele sich um seine Domain und machte der Mandantin ein Angebot, ihm ihre eigene Domain abzukaufen. Als sich die Mandantin verständlicherweise weigerte, leitete er die Domain auf ein selbstbetriebenes Erotikportal weiter, welches die Offerten von Prostituierten zum Inhalt hatte. Wir ersparen es uns an dieser Stelle, die zahlreichen Rechtsverstöße aufzuzählen. Da der Gegner nicht zum Einlenken bewegt werden konnte, wurde erfolgreich das Klageverfahren beschritten. Schließlich wurden die Forderungen und Kosten bei dem Studenten, der mittlerweile in Lohn- und Brot stand im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben.

Es gibt nichts, was es nicht gibt

Ein weiterer Mandant betreibt ein Internetverzeichnis, in das man sich kostenfrei eintragen kann, ganz ohne versteckte Kosten, Haken oder Ösen. Die wohl mit der Öffentlichkeitsarbeit beauftragte Mitarbeiterin einer Kapitalgesellschaft trägt ihre Arbeitgeberin weisungsgemäß in diesem Verzeichnis kostenfrei ein und veröffentlicht Werbedokumente – ebenfalls kostenlos.

Ein paar Wochen später erhält unsere Mandantschaft nun eine Abmahnung eben jener Kapitalgesellschaft, mit dem Inhalt, sie würde die Kennzeichenrechte des Firmennamens in oben genanntem Verzeichnis missbrauchen. Überdies sei die Firma im Verzeichnis nicht aufzufinden und man machte den Vorwurf, es würden Emails über das Kontaktformular abgefangen. Ungeachtet des bereits in den Vorhaltungen inhärenten Widerspruchs, gingen wir zunächst davon aus, dass der gegnerische Anwalt nicht alle Informationen (insbesondere zur Eigeneintragung seiner Mandantin) hatte und wiesen die Abmahnung – unter Hinweis auf deren sachliche und rechtliche Mängel – zurück.

Die Antwort des Anwalts erfolgte prompt mit dem deutlich konfrontativ aufbereiteten Hinweis, er wisse bereits von der Eigeneintragung, dies sei jedoch völlig unerheblich. Neben einem kennzeichenrechtlichen Verstoß, sei auch das Namensrecht verletzt. Überdies sehe man das Wettbewerbsrecht beeinträchtig. Man wolle zudem auch deliktsrechtliche Ansprüche, sowie Unterlassungsansprüche geltend machen. Nach einer kurzen Überprüfung auf http://www.rechtsanwaltsregister.org/, ob der Kollege überhaupt eine Zulassung zur Anwaltschaft besitzt, erwiderten wir unter Androhung eigener rechtlicher Schritte deutlich ausdrücklicher mit dem Ergebnis, dass die Sache außergerichtlich im Sinne unserer Mandantschaft beigelegt werden konnte.

Kurzdomains unter Beschuss

Es kann ohne Übertreibung festgestellt werden, dass sich die von der DENIC eG Ende 2009 freigegebenen Kurzdomains (Bsp.: xy.de) auch verletzungsrechtlich größter Beliebtheit erfreuen. In einem mittlerweile durch Vergleich abgeschlossenen Klageverfahren wurde versucht, unserem Mandanten eine solche Kurzdomain abzujagen. Da die tatsächlich betroffene Domain verständlicherweise nicht genannt werden kann, wird eine fiktive Domain (hier: „fc.de“) zur Veranschaulichung des Falles herangezogen, die mit dem realen Verfahren jedoch in keinerlei Beziehung steht.

Man stelle sich also vor, unser Mandant wäre Inhaber der (fiktiven) Domain „fc.de“. Nun gibt es aber auch einen (ebenfalls fiktiven) Fußballverein namens „Fußballclub des deutschen Staates und seiner Bundesländer 1949 e.V.“, welcher aufgrund seines langen Namens auch „FC Deutschland“ genannt wird. Der Fußballverein war der Ansicht, er habe aufgrund der Tatsache, dass es ihn bereits seit 1949 gibt auch die besseren Rechte an der Domain „fc.de“. Derzeit müsse er noch auf die (fiktive) Domain „fc-deutschland.de“ ausweichen. Er werde in zahlreichen Publikationen und Medien unter Verwendung der Abkürzung „FC“ angesprochen, so dass er es nicht zu dulden habe, dass der Domaininhaber ihm seine Domain vorenthalte. Es wurde ein isolierter Anspruch auf Domainlöschung geltend gemacht.

Hier war bereits zweifelhaft, ob die Buchstabenfolge „FC“ überhaupt Namensfunktion haben kann. So sind die Buchstaben „FC“ insbesondere nicht geeignet, Namensträger voneinander zu unterscheiden. Bei zwei einzelnen Buchstaben ist die abstrakte Unterscheidungskraft bereits auf ein Minimum reduziert, wenn sie denn überhaupt vorhanden ist. Die Anerkennung des Zeichens „FC“ als Bezeichnung für nur einen Namensträger in Unterscheidung von Anderen dürfte praktisch nicht vorhanden sein. Im vorliegenden Fall wurde „FC“ vom Gegner als Abkürzung für „Fußballclub“ verwendet. Da zahlreiche andere Fußballclubs ebenfalls „FC“ als Abkürzung verwenden, ist es unmöglich anhand des Zeichens „FC“ einen Fußballclub vom anderen zu unterscheiden. Dem Zeichen „FC“ fehlte es daher sowohl an der abstrakten, als auch an der konkreten Unterscheidungskraft.

Dieses Verfahren wurde im Sinne unserer Mandantschaft verglichen. Der Gegner zahlte eine sehr attraktive Vergleichssumme für die Übertragung der Domain. Wir vertraten dabei die Interessen des Domaininhabers.

Abschließend kann gesagt werden, dass Domaininhaber leider weiterhin mit rechtlichen Herausforderungen zu rechnen haben. Dieser Trend ist stark zunehmend und wird durch den Umstand vorangetrieben, dass viele rechtsgebietsfremde Anwälte (aktuell ein Fachanwalt für Familienrecht, ein Fachanwalt für Verwaltungsrecht, usw.) offensichtlich der Ansicht sind, sie könnten das technisch und rechtlich durchaus anspruchsvolle Rechtsgebiet des IT-Rechts auch nebenher bearbeiten. Dies führt u.a. zu völlig unzutreffenden Abmahnungen oder sogar zu isolierten Domainlöschungsklagen. Egal welches Rechtsproblem Sie haben, gehen Sie immer zu einem spezialisierten Rechtsanwalt. Dies gilt umso mehr im Domainrecht!